Keine Angst, es wir nicht politisch und auch keine Geschichtsstunde.
Es sind einfach meine Gedanken, Gefühle, ein paar Stichworte und warum ich diesen Bericht schreibe erfahrt Ihr natürlich auch. Er ist vielleicht etwas durcheinander und ganz anders, als Ihr sonst mein Berichte kennt, aber ich finde es für mich wichtig, das einfach mal los zu werden.
Kennt Ihr diese Aussagen?
13. August 1961 bis zum 9. November 1989
„Niemand hat vor eine Mauer zu bauen“
„befestigte Staatsgrenze“ oder (propagandistisch) „antifaschistischer Schutzwall“
Was habe ich damit zu tun?
Geboren und ausgewachsen in Marl am Rand des Ruhrgebiets, also im Westen und nicht in der DDR, Jahre nach dem Mauerbau.
Ganz einfach, ich habe einen Bezug zur damaligen DDR, denn mein Vater, geboren in Rostock, ist 1947 als kleines Kind mit meiner Oma und Tante, also seiner Mutter und deren Schwester, nach Marl geflüchtet. Hier ist er dann bei seinem Stiefvater, der immer ein Vater für ihn war (und für mich ein toller Opa) und natürlich bei seiner Mutter aufgewachsen.
Mein Vater hat noch 2 Brüder, die sind in Rostock geblieben sind und dort ihre Familien gegründet haben. Somit hatte ich immer Verwandte im Osten gehabt.
Als Kind fand ich das immer toll Verwandte in der DDR zu haben.
Und habe mich immer dafür interessiert, wir hatten auch immer losen Kontakt zu allen und waren dort, ich 1x, meine Eltern glaube ich 3x.
Es muss schlimm gewesen sein, vor allem für die Einwohner von Berlin, was damit alles angerichtet wurde, auseinander gerissen wurde, zerstört wurde ….
Ich bin 1974 das erste Mal in Rostock gewesen und weiß davon nicht mehr so viel, kann mich aber daran erinnern, dass ich furchtbare Angst an der Grenze hatte, Grenzposten schußbereit mit Waffen. Als wir nach dem Besuch wieder nach Hause wollten, haben sie und total gefilzt und ewig stehen gelassen. Meine größte Angst war, dass mein Vater da behalten wird. Aber es ging alles gut.
Erinnern kann ich mich noch an die „Kaufhalle Schmetterling“, den Leuchtturm, die Ostsee und den Intershop. An meine erste Brieffreundin Sybille, die neben der Familie meines Onkels gewohnt hat, wo wir die Tage verbracht haben. Was wohl aus ihr geworden ist?
1990, ½ Jahr nach Öffnung der Grenze/Mauer war ich wieder in Rostock und mein Cousin hat mir mit seiner damaligen Freundin ziemlich viel gezeigt, u.a. war ich im Stasi-Hauptgebäude.
Ach und nachdem dann ja offiziell am 9. November 1989 die Mauer offen war, haben alle immer gefragt: „Na, Euer DDR-Besuch schon da?“. Wir haben zwar gedacht, ok irgendwann kommt der eine oder andere und nutzt die Gelegenheit, dass aber schon direkt das Wochenende darauf die ersten vor der Tür standen, 1 Woche bleiben, nach Hause gefahren sind und direkt am nächsten Morgen die nächsten da waren … damit hat keiner gerechnet. Auch nicht damit, als ich mit meiner Mutter in der Küche saß und auf einmal ein himmelblauer Trabbi vorm Haus geparkt hat ….
Damals gab es ja noch das Begrüßungsgeld und mein Vater kam gleich mit seinem Bruder und Schwägerin in die „Marler Zeitung“, weil sie gerade aus dem Rathaus kamen, als ein Journalist da war.
Eigentlich wollte ich immer die Mauer sehen, aber es hat irgendwie nie geklappt, eigentlich schade. Selbst als wir vor 11 Jahren mal in Berlin waren, haben wir keine Mauerreste mehr gesehen, ok, etwas schlecht organisiert, aber dafür haben wir Checkpoint Charlie, die zugemauerten Fenster der Bernauer Strasse, Palast der Republik und noch mehr gesehen. Wenn wir noch mal nach Berlin fahren sollten, auf jeden Fall besser vorbereitet und auf der Suche nach Mauerresten.
Wenn ich heute Berichte oder Filme sehe, wie es war, wie geflüchtet wurde – hier hat mich am meisten der Film „der Tunnel“ berührt – bekomme ich immer noch Gänsehaut.
Auch natürlich 1989 saßen wir allen vorm Fernseher und haben die Ereignisse verfolgt, bis es dann hieß: die Mauer fällt. Ein Gefühl was ich nicht Beschreiben kann, die ganzen Monate waren so bewegend.
Hier mal ein paar Eckdaten:
– mehr als 28 Jahre Symbol der deutschen Teilung
– die innerdeutsche Grenze hatte eine Länge von knapp 1400 Kilometer
knapp 155 Kilometer lang und vier Meter hoch war die Mauer, die den Westteil Berlins umfasste, 43 Kilometer davon trennten das Stadtgebiet von Ost- und West-Berlin
24 Kilometern der Grenze gingen durch Wasserwege
– 12 S- und U-Bahnlinien und 193 Straßen hat die Mauer unterbrochen
– 8 Grenzübergänge zwischen West- und Ost-Berlin und 6 zwischen der DDR und West-Berlin
11 500 Soldaten kontrollierten die Grenze alleine nur rund um Berlin von 302 Beobachtungstürmen
– Vor der Mauer gab es 127 Kilometer Signalzäune, 105 Kilometer Gräben, und zur Grenzbefestigung gehörten 259 Laufanlagen für Wachhunde
– Mehr als 100.000 DDR-Bürger versuchten in den ganzen Jahren die Flucht über die innerdeutsche Grenze, davon kamen über 600 von ihnen kamen ums Leben, direkt an der Mauer alleine 136
– Die Mauer wurde stetig verstärkt, erweitert und aus Sicht der DDR verbessert und verschärft, bis zur 4. Mauer-Generation ging das, es war sogar eine nächste Generation in Planung, die zum Glück nicht mehr so gebaut wurde
Es gehört nicht zu den tollsten Ereignissen und seit fast 22 Jahren gehört es nun auch der Vergangenheit an. Aber es darf auch nie vergessen werden und ich werde mich irgendwann noch einmal in Berlin auf die Suche nach der Vergangenheit begeben, auf die Spuren der Berliner Mauer.